Forderungen zur Novellierung des KonvBehSchG

der Expert*innengruppe des Fachbeirats des Forschungsprojekts „Konversionsbehandlungen: Kontexte. Praktiken. Biografien“

Ein Mitzeichnen der Forderungen ist für Institutionen, Organisationen, Vereine usw. möglich, klicken Sie dazu einfach auf den Button.

Privatpersonen können leider nicht mitzeichnen.

Fachtag Konversionsbehandlungen in Deutschland: empirische Analysen und gesellschaftliche Herausforderungen

1. Effektiver rechtlicher Schutz vor Konversions­maßnahmen

  • Der in § 1 Abs. 1 KonvBehSchG verwendete Begriff „Behandlung“ muss überdacht und ggf. durch den offeneren Begriff „Maßnahme“ ersetzt werden (vgl. im Englischen „efforts“). Andernfalls droht eine Umgehung des Verbots durch subversivere und vermeintlich „ergebnisoffene“ Maßnahmen.
  • Das in § 2 KonvBehSchG vorgesehene Durchführungsverbot muss auch mit Bezug auf Personen gelten, die das 18. Lebensjahr vollendet haben, ohne dass es auf einen Willensmangel ankommt. Die sexuelle Orientierung und die geschlechtliche Identität einer Person können durch Konversionsmaßnahmen nicht verändert werden; diese Interventionen sind grundsätzlich unethisch und menschenrechtswidrig. Das Durchführen solcher Maßnahmen muss unabhängig vom Alter der Person, an welcher die Maßnahme durchgeführt wird, verboten sein.
  • Die in § 5 KonvBehSchG vorgesehenen Strafvorschriften müssen nachgeschärft werden. In Absatz 1 ist das Vermitteln ausdrücklich als eigener Tatbestand zu normieren; andernfalls ist das Vermitteln nur als Beihilfe zur Durchführung strafbar. Die in Absatz 2 vorgesehene Ausnahme für Fürsorge- und Erziehungsberechtigte ist ersatzlos zu streichen. Die Fürsorge- und Erziehungspflicht wird bei Durchführung von Konversionsmaßnahmen stets verletzt.
  • Bei einem Verstoß gegen das KonvBehSchG muss als weitere Rechtsfolge die Aberkennung der Gemeinnützigkeit möglich sein.

2. Umfassende und rechtlich abgesicherte Unterstützung von Betroffenen

  • Für Überlebende muss ein Ausgleichsfonds analog zum „Fonds Sexueller Missbrauch“ eingerichtet werden.
  • Ein gesetzlicher Anspruch auf Beratung für durch Konversionsmaßnahmen bedrohte und betroffene Menschen und deren Angehörige ist notwendig. Diese Personengruppen müssen über ihre Rechte und gegebenenfalls Ausstiegsmöglichkeiten informiert werden und professionelle Unterstützung erhalten.
  • Ein flächendeckendes, niedrigschwelliges Beratungsangebot für von Konversionsmaßnahmen bedrohte und betroffene Menschen muss aufgebaut und nachhaltig abgesichert werden. Hierbei sind vorrangig communitybasierte Beratungsangebote sowie queere Träger einzubeziehen.
  • Qualifizierungs- und Sensibilisierungsangebote zu Konversionsmaßnahmen müssen in allen relevanten beraterischen Kontexten sowie in den Regelstrukturen verfügbar sein.
  • Der Aufbau eines Selbsthilfe-Netzwerks Überlebender muss nachhaltig gefördert werden. 

3. Bildung, Forschung und Aufklärung zu Konversions­maßnahmen umsetzen

  • Das im Aktionsplan „Queer leben!“ genannte Vorhaben der Bundesregierung, queere Bildung als Querschnittsthema in Ausbildungs- und Studiengängen zu integrieren, muss zügig umgesetzt werden. Dies trägt langfristig zur Ächtung von und damit zum Schutz vor Konversionsmaßnahmen bei.
  • Die Entwicklung und Erprobung von Bildungsangeboten zur Prävention von Konversionsmaßnahmen und zur Unterstützung Betroffener durch queere Bildungsträger und solche in religionsdidaktischen Kontexten muss gefördert werden.
  • Universitäre und außeruniversitäre Grundlagenforschung sowie angewandte Forschung zu Ausmaß, Erscheinungsformen und Hintergründen von Konversionsmaßnahmen müssen nachhaltig gefördert werden. Anhand dieser Daten können zielgenaue Konzepte zur Prävention, zu Qualifizierungs- und Sensibilisierungsangeboten sowie zur Unterstützung Überlebender entwickelt werden. Der Bund muss die Länder über entsprechende Bundesförderinitiativen dazu motivieren.
  • Ein Monitoring der Aktivitäten von Anbieter*innen von Konversionsmaßnahmen muss etabliert werden, ggf. über eine öffentliche Meldestelle. Dabei sind auch Aktivitäten im Ausland zu berücksichtigen, da die Anbieter*innen von Konversionsmaßnahmen grenzüberschreitend tätig und vernetzt sind.
  • Die Kommunikationsmaßnahmen der BZgA im Rahmen ihres gesetzlichen Auftrags (§ 4) sind entsprechend der Evaluationsergebnisse ggf. zu optimieren; die BZgA ist hierfür finanziell und personell angemessen auszustatten.
  • Die Novellierung des KonvBehSchG muss durch eine bevölkerungsweite Informations- und Kommunikationskampagne begleitet werden, die sich insbesondere auch an die Allgemeinbevölkerung wendet.

Erstunterzeichner*innen

Die Forderungen wurden erstunterzeichnet von Vertreter*innen der folgenden Organisationen:

Bundesstiftung Magnus Hirschfeld

Bundesverband Queere Bildung e.V.

Bundesverband Trans* e.V. (BVT*)

Deutsche Gesellschaft für Transidentität und Intersexualität e.V. (dgti)

Lesben- und Schwulenverband in Deutschland e.V. (LSVD)

LSBTI-Beauftragung der Stadt Mannheim

Mosaik Deutschland e.V.

Institut für Geschichte und Ethik der Medizin, Universität Heidelberg

PLUS Rhein-Neckar e.V. - Angebote und Beratung zur Vielfalt von sexueller Orientierung und Geschlecht - (PLUS)

Verband für lesbische, schwule, bisexuelle, trans*, intersexuelle und queere Menschen in der Psychologie (VLSP*) e.V.

Weitere Unterzeichner*innen

Aidshilfe Düsseldorf e.V.

AIDS-Hilfe Halle/Sachsen-Anhalt Süd e.V.

Aidshilfe Hamburg

AIDS-Hilfe Nürnberg-Erlangen-Fürth

Akademie Waldschlösschen - Stiftung Rainer Marbach und Ulli Klaum

AktivistA – Verein zur Sichtbarmachung des asexuellen Spektrums

Andersraum e.V. Hannover

BiNe – Bisexuelles Netzwerk e.V.

Deutsche Aidshilfe Berlin

Die Linke queer Baden-Württemberg

Evang.-Luth. Kirchengemeinde St. Lukas, München

Fliederlich e.V. – queeres Zentrum Nürnberg

Gay & Grey: Metropolregion Mannheim – Ludwigshafen – Heidelberg

GleichArt Café Norden

Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Chemnitz

Jugendnetzwerk Lambda e.V.

Jugendnetzwerk Lambda Berlin Brandenburg e.V.

Jugendnetzwerk Lambda Mitteldeutschland e.V.

Lesbenring e.V. Berlin

mvd-sportverein e.V. Mannheim

Netzwerk LSBTTIQ Baden-Württemberg

Ökumenische Arbeitsgruppe Homosexuelle und Kirche (HuK) e. V.

PROUT AT WORK-Foundation München

pro familia Bundesverband Frankfurt/M.

Projekt 100% MENSCH gUG

Queer Culture e.V. München

queerKAstle e.V., Karlsruhe

Queeres Netzwerk Niedersachsen e.V.

Queeres Netzwerk – Bundesverband queerer Landesnetzwerke e.V.

Queeres Netzwerk Gifhorn e.V.

Queer Teachers Braunschweig

Queermed Deutschland

Regenbogenforum e.V. Hamburg

SCHLAU Aachen

Schlau Braunschweig

SCHLAU Gladbeck

SCHLAU Göttingen

s*ven Ostfriesland

TransAll e.V. Freiburg

Trans-Inter-Aktiv in Mitteldeutschland e.V.

Trans* Recht e.V.

vielfältig.GMBH Bremen

Verein für Sexuelle Emanzipation Braunschweig e.V.

Zwischenraum e.V.